Bei dem Defekt der 5,10-Tetrahydrofolatreduktase (Homocystinurie Typ II) ist die Rückwandlung von Homocystein zu Methionin (Remethylierung) im Stoffwechsel der Aminosäuren (Eiweißbausteine) gestört. Die hat eine überschüssigen Bildung von Homocystein bzw. Homocystin (und zu niedrigen Methionin-Konzentrationen) zur Folge. Die Homocystinurie II ist eine angeborene, nicht geschlechts-bezogene, rezessiv vererbte (d.h. das gesunde Erbmerkmal überdeckt das kranke). Die häufige C677T -Mutation der 5,10-Tetrahydrofolatreduktase wird in internistischen Lehrbüchern meist schon als eigenständiges Krankheitsbild, der „Homocysteinämie“, abgehandelt.
Anzeichen (Symptome) der Erkrankung (vor Behandlungsbeginn bzw. ohne Behandlung)
Die Krankheitszeichen bei dem sehr seltenen kompletten Mangel an Tetrahydrofolatreduktase lassen sich einerseits durch die Vermehrung von Homocystein/Homocystin, andererseits durch einen Mangel an dem Vitamin Folsäure (Folat) und niedrige Konzentrationen von Nervenüberträgerstoffen sowie einige unzureichende chemische Reaktionen (mangelhafte Methylierung z. B. von Myelin) erklären. Sie äußern sich in der Regel im Säuglingsalter als Störungen des Gehirns mit Krampfanfällen und als Muskelstörungen (Schlaffheit), Neigungen zu Blutgefäßverschlüssen (Thrombosen und Embolien). auf.
Bei einer häufigen genetischen Mutation (C677T)(Homocysteinämie), der ein Defekt der hitzeempfindlichen (thermolabilen) Form des Enzyms 5,10-Tetrahydrofolatreduktase zugrunde liegt, werden Blutgefäßverschlüsse (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall) schon im Jugend- bzw. frühen Erwachsenenalter beobachtet. Die Homocysteinämie stellt einen eigenständigen Risikofaktur für Herz-Kreislauferkrankungen dar.
Kinder von Frauen mit Tetrahydrofolatreduktase-Mangel weisen vierfach häufiger einen sogenannten offenen Rücken auf (z.B. Neuralrohrdefekte, spina bifida), als die von stoffwechselgesunden Müttern.
Wie wird die Krankheit festgestellt?
Bei der Mehrzahl der Patienten (unabhängig von den genetischen Mutationen) sind Homocystin und Homocystein (sowie so genannte gemischte Disulfide) im Blut nachweisbar. Bei der C677T-Mutation finden sich im Urin keine Auffälligkeiten, nur das Gesamt-Homocystein (freies + eiweißgebundenes) ist erhöht. Meist sind Methionin (und Methylfolat) vermindert.
5,10-Tetrahydrofolatreduktase lässt sich in der Leber, in Hautzellen (Fibroblasten), und weißen Blutzellen (Lymphoblasten, Lymphozyten) nachweisen.
Behandlung
Die Behandlung der Homocystinurie Typ II bzw. der Homocysteinämie erfolgt ausschließlich mit Medikamenten. Ziel der Behandlung ist die Vermeidung bzw. Verhinderung der Zunahme des Gehirnschades, der körperlichen und geistigen Behinderung sowie die Unterbindung der Blutgefäßverschlüsse. Die Nüchtern-Homocysteinkonzentration im Blut sollte bis auf Normalwerte gesenkt und die Gehalte im Blut des lebenswichtigen Eiweißbausteins Methionin sowie des Vitamins Folat bis in den unteren Normbereich durch Zugabe als Medikamente angehoben werden.
Für die Langzeitbehandlung der klassischen Form werden in der Literatur vorwiegend empfohlen:
Folat (Vitamin Folsäure) 5 – 20 mg/Tag
Betain (Medikament Cystadane®) zwischen 5 und 20 g/Tag oder 100 bis 250 mg/kg KG/Tag
Cobalamin (Form von Vitamin B12): Nur nach Prüfung der Wirksamkeit bis zu 2 mg Hydroxycobalamin pro Tag i.m.
Vitamin B6 maximal 100 (bis 300) mg/Tag unter ständiger ärztlicher Beobachtung (ev. auch erst nach Prüfung der Wirksamkeit)
Zugabe von L-Methionin (lebenswichtiger Eiweißbaustein; Aminosäure) bis zum Erreichen niedrig normaler Blutspiegel
L-Carnitin, z.B. 100mg/kg KG/Tag bei nachgewiesenem Carnitinmangel (Carnitin ist ein Transporteiweiß, das besonders für die Energiebereitstellung wichtig ist).
Bei der Behandlung der C677T-Mutation (Homocysteinämie) lässt sich in der Regel die Konzentration von Homocystein im Blut durch die Gabe von Folat (Folsäure) wesentlich und dauerhaft senken.
Aussichten für die Zukunft
Bei der medikamentöse Behandlung der klassischen Form der Homocystinurie II (5,10-Tetrahydrofolatreduktase-Mangel) sind Therapieversager beschrieben worden, bei denen sich keine Besserung der Krankheitszeichen einstellten.
Im Fall der Homocysteinämie normalisieren sich die Blutgefäßveränderungen, die zu den Blutgefäßverschlüssen führen nach mehrmonatiger Behandlung mit Vitaminen (Folat und ev. Vitamin B6).
Erstellungsdatum: 2010
Die Bereitstellung des Textmaterials erfolgt durch freundliche Überlassung der SHS-Gesellschaft. Ergänzende Informationen finden Sie unter stoffwechselgutleben.de.