Verein für angeborene Stoffwechselstörungen e.V. (VfASS)

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Adrenoleukodystrophie

Die Adrenoleukodystrophie ist eine geschlechtsgebunden (x-chromosomal) vererbte Störung des Transportes der sehr langkettigen, unverzweigten, gesättigten, Fettsäuren (C22 – C26) von der Zellflüssigkeit in die so genannten Peroxisomen (stoffwechselaktive Bestandteile der Zellen) (Defekt im Transportprotein). Es kommt zur Speicherung besonders der Fettsäure mit 26 Kohlenstoffatomen (Hexacosansäure; C 26:0). Es kommt zu Anreicherungen dieser Fettsäure in den Zellen, was deren Funktion beeinflusst. Betroffen sind bei der milden Form das Rückenmark, die peripheren Nerven (z.B. in den Händen und Füßen), die Nebennierenrinden (adreno) und die Hoden, bei der schweren Form die weiße Substanz des Gehirns (leuko), die Seh- und Hörnerven.

Anzeichen (Symptome) der Erkrankung (vor Behandlungsbeginn bzw. ohne Behandlung)

Bei den an Adrenoleukodystrophie erkrankten Knaben und Männern sind verschiedene Formen hinsichtlich der Krankheitszeichen und dem Alter des Auftretens der ersten Beschwerden zu unterscheiden:
Bei der klassischen Form (erste Krankheitszeichen treten zwischen dem 4. und 12. Lebensjahr auf) steht der Hirnbefall im Vordergrund (Beginn mit Hirnsubstanzverlust, z.B. im so genannten Corpus callosum, der Sehbahn und später der gesamten weißen Hirnsubstanz) mit Ausfall intellektueller Fähigkeiten (Minderung der optischen und akustischen Wahrnehmungen) und nachfolgendem Verlust der Kontrolle über die Muskulatur (Zittrigkeit, Sprachverlust). Später treten häufig Krampfanfällen auf, im Endstadium finden sich Verblödung (Demenz), Muskelstarre und Lähmungen. Der Krankheitsverlauf ist langsam fortschreitend (etwa 2 – 4 Jahre), nicht in Schüben.
1) Treten die ersten Krankheitszeichen im Alter von 11 – 21 Jahren auf, spricht man von der Jugendlichenform der klassischen Adrenoleukodystrophie, die eine deutlich langsamere Verlauf aufweist, ansonsten mit den gleichen Anzeichen abläuft.
2) Die mildere, erst nach dem 18ten Lebensjahr zu beobachtende Form, auch Adrenomyeloneuropathie bezeichnet, betrifft vorwiegend das Rückenmark und die peripheren Nerven. Zeichen dieser Veränderungen sind: Sensibilitätsverlust (z.B. Taubheitsgefühl in den Zehen und Fingern), Unvermögen die Urin- und Stuhlabgänge zu kontrollieren, gelegentlich auch Muskelverhärtungen in Armen und Beinen. Funktionsausfall der Nebennierenrinden (Morbus Addison-Symptomatik: Salzhunger, Schwindel, niedriger Blutdruck, bräunliche Verfärbung der Haut) und Impotenz infolge des Befalls der Hoden (Hypogonadismus). Die Krankheit schreitet langsam voran, sodass viele Betroffene das hohe Erwachsenenalter erreichen.
3) Die noch mildere Erwachsenenform der Adrenoleukodystrophie zeigt sich in der Regel erst jenseits des 20sten Lebensjahres, zunächst nur als Verhaltensauffälligkeit. Erst später kommen Bewusstseinsverlust und Krankheitszeichen wie bei der klassischen Form hinzu. Der Verlauf ist dann ähnlich der klassischen Form.
4) Bei der sehr seltenen, so genannten Olivo-ponto-cerebellare Form (Spinocerebellare Form), verändern sich nur Teile des Kleinhirns (Cerebellum) und des Hirnstammes [Oliva und Pons (Brücke)].
5) Ebenfalls selten ist die Adrenoleukodytropie, bei der nur die Nebennierenrinde betroffen ist und sich als Morbus Addison äußert (siehe oben). Eine Altershäufung gibt es bei dieser Form nicht.
Bei 50% der das kranke Gen tragenden Frauen treten jenseits des zweiten bzw. dritten Lebensjahrzehnts Krankheitszeichen meist in Form einer milde neurologische Veränderungen mit gesteigerten Sehnenreflexen (z.B. Kniescheibenreflex) und Sensibilitätsverlust (Taubheit) in Armen und Beinen auf.

Wie wird die Krankheit festgestellt?

Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Adrenoleukodystrophie sind folgende Untersuchungen angezeigt:
Bestimmung der Konzentration der sehr langkettigen Fettsäuren im Blut
Untersuchungen des Gehirns (mittels Magnet Resonanz Tomographie, MRT)
Genaue neurologische Untersuchung durch einen Spezialisten incl. Prüfung der Seh- und Hörfähigkeit
Neuropsychologische Testung
Ableitung eines Electroencephalogramms (EEG)
Messung der Nebennierenrindenhormone im Blut
Genetische Diagnostik

Behandlung

Zur Behandlung der Adrenoleukodystrophie bestehen folgende Möglichkeiten
a) Das Prinzip einer diätetischen Behandlung besteht in einer Senkung und Normalisierung der Konzentration an überlangkettigen gesättigten Fettsäuren im Blut mittels einer fettreduzierten Diät, die arm ist an überlangkettigen Fettsäuren, zusammen mit einer Gabe von speziellem Öl- und der so genannten Erucasäure („Lorenzo’s Öl“).
Die Zufuhr einer ausreichenden Menge an langkettigen, lebenswichtigen (essentiellen)  Fettsäuren muss im Diätplan berücksichtigt werden!).
b) Die Therapie der Adrenoleukodystrophie mittels Knochenmarktransplantation ist –abgesehen von den allgemeinen Risiken einer Knochenmarktransplantation – erfolgreich. Die aus den transplantierten Spenderzellen hervorgehenden weißen Blutkörperchen sind voll funktionsfähig und gelangen nachweislich auch in das Gehirn der Empfänger.
c) Gabe von Nebennierenhormonen bei Nebennierenversagen (Addison-Symptomatik)
d) Eine antientzündliche-immunantwortunterdrückende Therapie, die Behandlung mit Medikamenten, die den Abbau der gespeicherten sehr langkettigen Fettsäuren stimulieren, sowie eine Gentherapie befinden sich Erprobungsstadium.

Aussichten für die Zukunft

Bei der Mehrzahl der Patienten kommt es als Folge der diätetischen Therapie zur Senkung und Normalisierung der gesättigten sehr langkettigen Fettsäuren im Plasma. Die klinischen Erfolge sind dagegen weniger deutlich. Oft wird die Diätbehandlung in der Vorbereitung auf eine Knochenmarktransplantation angewendet.
Die Aussichten für die Zukunft für Patienten mit Adrenoleukodystrophie sind im wesentlichen abhängig von der Form der Erkrankung und dem Alter des ersten Auftretens von Krankheitszeichen.

Erstellungsdatum: 2010

Die Bereitstellung des Textmaterials erfolgt durch freundliche Überlassung der SHS-Gesellschaft. Ergänzende Informationen finden Sie unter stoffwechselgutleben.de.