Die Phenylketonurie (PKU) ist die häufigste angeborene, nicht geschlechtsbezogen (autosomal) und rezessiv vererbte (d.h. das gesunde Erbmerkmal überdeckt das kranke) Störung im Stoffwechsel der Aminosäuren (Eiweißbausteine). Normalerweise wird das Phenylalanin (ein in allen Eiweißen vorkommender Baustein) von dem Enzym Phenylalaninhydroxylase zu einem anderen Eiweißbaustein, dem Tyrosin, umgebaut.
Durch den vererbten Defekt ist der Umbau von Phenylalanin zu Tyrosin blockiert oder vermindert und es kommt zu einer Vermehrung von Phenylalanin in allen Körpergeweben. Ungewöhnliche, bei Gesunden nicht vorkommende, andere Abbauprodukte von Phenylalanin (z.B. Phenylketon) lassen sich dann nach einiger Zeit im Urin nachweisen (Phenyl->Keton->Urie).
Die Phenylketonurie gehört zur Gruppe der seltenen Erkrankungen (orphan diseases) und tritt in Deutschland mit einer Häufigkeit von 1 unter 7.000 Neugeborenen auf, die mildere Form dieser Erkrankung, genannt Hyperphenylalaninämie, ist etwa gleich selten.
Anzeichen (Symptome) der Erkrankung (vor Behandlungsbeginn bzw. ohne Behandlung)
Bei unbehandelter Phenylketonurie fällt frühestens im Alter von fünf bis sechs Monaten eine Verzögerung in der geistigen und körperlichen Entwicklung des Säuglings auf. Der spezielle „mäuseartige“ Geruch (hervorgerufen durch das Phenylketon) und die Neigung zu Ekzemen können gelegentlich schon früher festgestellt werden.
Erfolgt keine Behandlung, fallen die Betroffenen in den ersten Lebensjahren durch ein zu langsames Wachsen des Gehirns und des Schädels (Mikrocephalie – zu kleiner Schädel), durch Zurückbleiben in der körperlichen und geistigen Entwicklung (verspätetes Sitzen und Laufen, spätes Sprechenlernen), durch hellere Haut und blondere Haare, als bei den Geschwistern, auf. Gelegentlich krampfen (Epilepsie) die betroffenen Kinder infolge der Hirnschädigung.
Wie wird die Krankheit festgestellt?
Seit mehr als 30 Jahren wird in Deutschland die Phenylketonurie durch die Messung des Eiweißbausteins Phenylalanin im Blut im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung erfasst (Neugeborenenscreening; Abnahme von einigen Tropfen Blut am dritten Lebenstag, meist zeitlich zusammen mit der Vorsorgeuntersuchung U2).
Behandlung
Bei der Phenylketonurie kann Phenylalanin nicht ausreichend in Tyrosin umgewandelt werden. Phenylalanin und Tyrosin sind jedoch essentielle (lebenswichtige) Eiweißbausteine und müssen deshalb in einer ausreichenden Menge zugeführt werden.
Bei der lebenslang durchzuführenden Behandlung dürfen die Patienten nur so wenig Phenylalanin aufnehmen, wie ihr Körper verarbeiten kann. Festgelegte, altersabhängige Höchstkonzentrationen von Phenylalanin im Blut sollten nicht überschritten werden.
Phenylalanin ist in jedem natürlichen Eiweiß enthalten. Daher darf insgesamt nur wenig natürliches Eiweiß gegessen werden. Gleichzeitig benötigt der Körper aber ständig auch andere lebenswichtige (essentielle) Aminosäuren (Eiweißbausteine), um Wachstum und die Erhaltung der Körperfunktionen zu ermöglichen.
Da Patienten mit der Diät jedoch in der Regel weniger Eiweiß aufnehmen, als es für deren Alter empfohlen ist, müssen sie zusätzlich ein (phenylalaninfreies und tyrosinangereichertes) Aminosäurengemisch einnehmen. Dem Aminosäurengemisch sind außerdem wichtige Vitamine, Mineralien und Spurenelemente beigemischt, die eine eiweißarme Ernährung nicht ausreichend enthält. Die Betroffenen dürfen bei der speziellen PKU-Diät nur geringe Mengen an Phenylalanin aufnehmen und müssen deshalb auf besonders eiweißreiche Nahrungsmittel verzichten:
Milch
(trotzdem können Neugeborenen und Säuglingen geringe Mengen an Muttermilch gegeben werden!)
Milchprodukte (Quark, Käse, Joghurt, Schokolade)
Fleisch, Wurst
Fisch, Meeresfrüchte
Eier
Hülsenfrüchte (Bohnen, Erbsen, Linsen)
Mais
Nüsse
Cornflakes
Gries
Normales Brot, Kekse
Normale Nudeln
Aspartam (Süßungsmittel, das zu 50 Prozent Phenylalanin enthält), z.B. in Cola light
Entsprechend der vom Kind tolerierten Phenylalaninmenge können gegessen werden (Phenylalaninkonzentration in Lebensmitteln finden sich in speziellen Nahrungsmitteltabellen!):
Obst
Gemüse
Kartoffelprodukte
Reis
Sahne
eiweißarme Nudeln
eiweißarmes Brot, Brötchen, Kuchen, Waffeln
eiweißarme Milch
Obstsäfte (bei größeren Mengen)
Apfelmus
Nach Bedarf können gegessen werden (ohne Berücksichtigen evtl. vorhandener geringer Phenylalaningehalte):
Wasser, Limonade (ohne Aspartam, einem Süßungsmittel, das zu 50 Prozent Phenylalanin enthält),
Kaffee, Tee
verdünnter Fruchtsirup
KABA fit Banane/Vanille; Erdbeer/Himbeer
Margarine, Öl, Butter
Zucker, Zuckerwatte, Traubenzucker
Süßigkeiten ohne Gelatine
Kaugummi (ohne Aspartam)
Wassereis
Honig
Marmelade, Konfitüre
Instant-Götterspeise
Die PKU-Diät muss lebenslang durchgeführt werden! Nach den Empfehlungen der deutschen Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Stoffwechselstörungen (APS) kann mit zunehmendem Alter die Diät etwas gelockert werden.
Für einige PKU-Patienten, vor allen solchen mit milden Formen (Hyperphenylalaninämien), kann die Verabreichung größerer Mengen des Helfers (Coenzym) der defekten Phenylalaninhydroxylase, von Tetrahydrobiopterin (BH4), deren Enzymaktivität steigern und damit die Toleranz gegenüber Phenylalanin erhöhen. Die Konsequenz ist, dass dann die Patienten etwas mehr natürliches Eiweiß essen können.
Aussichten für die Zukunft
Bei frühzeitiger Erkennung der Krankheit und konsequenter diätetischer Behandlung entwickeln sich die Betroffenen normal und können – abgesehen von einer Einschränkung durch die PKU-Diät – ein normales Leben führen und Berufe entsprechend ihrer Fähigkeiten und Neigungen erlernen (studieren) und ausüben.
Die Blutkonzentrationen des Phenylalanins müssen häufig kontrolliert und die Diätpläne entsprechend angepasst werden.
Eine besondere Situation stellt die so genannte „Maternale Phenylketonurie“ dar. Schwangere PKU-Frauen müssen die Diät wieder sehr streng einhalten, da hohe Phenylalaninkonzentrationen das Gehirn des ungeborenen Kindes schädigen und Herzfehler bewirken können.
Erstellungsdatum: 2010
Die Bereitstellung des Textmaterials erfolgt durch freundliche Überlassung der SHS-Gesellschaft. Ergänzende Informationen finden Sie unter stoffwechselgutleben.de.