Verein für angeborene Stoffwechselstörungen e.V. (VfASS)

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Ornithintranscarbamylase (OTC)-Mangel

Es handelt sich um eine Funktionsbeeinträchtigung des Enzyms Ornithintranscarbamylase im Harnstoffzyklus (Abbildung 1, siehe unten). Diese Erkrankung wird geschlechtsgebunden (X-chromosomal, weibliches Chromosom) vererbt. Da Jungen nur ein X-Chromosom besitzen, sind sie in der Regel klinisch schwerer betroffen. Meist beginnen die Symptome bei ihnen bereits in den ersten Lebenstagen im Rahmen der Katabolie (Energiemangel). Da die Neugeborenen das Trinken erst einmal erlernen müssen und die Muttermilch langsam produziert wird (‚einschießt‘), kommt es zu einer Mangelversorgung. Nicht selten ist die Ammoniakerhöhung so stark, dass eine Blutwäsche (Hämodialyse) erforderlich ist. Lässt sich die Anmoniakkonzentration im Körper nicht schnell genug senken oder wird die Erkrankung erst später erkannt, kann es zu einer Hirnschädigung mit Entwicklungsverzögerung, epileptischen Anfällen bis hin zum Tod kommen. Mädchen verfügen über zwei X-Chromosome, von denen eines inaktiviert wird. Wird das gesunde X-Chromosom inaktiviert, so ist der Verlauf meist ähnlich schwer wie bei Jungen, wird hingegen das kranke X-Chromosom inaktiviert, ist der Verlauf mild, meist zeigen die Patientinnen erst im Erwachsenenalter Symptome, mitunter dann auch eine Stoffwechselentgleisung mit sehr hohen Ammoniakwerten. Vorausgehend können die Patientinnen unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Unkonzentriertheit, Entwicklungsverzögerung und psychiatrische Auffälligkeiten zeigen.

Die Diagnose wird oft im Rahmen einer Stoffwechselkrise mit stark erhöhten Ammoniakwerten im Blut gestellt. Das Profil der Eiweißbausteine im Blut ist meist uncharakteristisch verändert, die Orotsäure kann in Blut und Urin erhöht sein. Die definitive Diagnosestellung erfolgt durch eine genetische Untersuchung mit Nachweis einer krankheitsverursachenden Variante, der genaue Krankheitsverlauf lässt sich anhand der genetischen Veränderung nicht gut vorhersagen. Eine genetische Beratung der Familie sollte auf jeden Fall erfolgen.

Die Dauertherapie besteht in einer eiweißreduzierten Diät, wobei die Strenge der Eiweißreduktion individuell ausgetestet werden muss, Gabe einer speziellen Aminosäuremischung, Gabe von ausreichend Kalorien und Zufuhr der Aminosäure Citrullin, die beim OTC-Mangel vermindert gebildet wird. Um Ammoniak unabhängig vom Harnstoffzyklus in eine wasserlösliche Substanz zu überführen, wird Phenylbutyrat verordnet.

Lassen sich Stoffwechselkrisen mit dieser diätetischen und medikamentösen Therapie nicht ausreichend reduzieren, ist über eine Lebertransplantation nachzudenken, da jede Stoffwechselentgleisung mit dem Risiko einer Hirnschädigung verbunden ist, wenn die Ammoniakwerte nicht schnell genug gesenkt werden können. Gentherapeutische Verfahren sind in Entwicklung.

Erstellungsdatum: 2025